Airlines dürfen Zahlung des Flugpreises sofort bei Buchung verlangen.Urteile vom 16. Februar 2016 – X ZR 97/14, X ZR 98/14, X ZR 5/15 . ASR: Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass für Fluggesellschaften andere Regeln gelten, als für Reiseveranstalter oder sonstige Werkunternehmen. Er hatte sich in drei Verfahren mit der Frage zu beschäftigen, ob das Verlangen nach der vollständigen Bezahlung des Flugpreises unmittelbar nach der Buchung zulässig ist.
Die zuvor mit den Fällen befassten Oberlandesgerichte hatten dazu keine einheitlichen Rechtsauffassungen vertreten und unterschiedliche Urteile gefällt.

Nach Ansicht des BGH stellt die vollständige Bezahlung des Ticketpreises bei Abschluss des Beförderungsvertrags keine unangemessene Benachteiligung der Fluggäste dar. Demnach können die allgemeinen werkvertraglichen Regelungen, nach denen üblicherweise nur eine Zug-um-Zug-Zahlung verlangt werden kann, nur mit Einschränkungen auf das Leitbild des Personenbeförderungsvertrags angewendet werden. Der Luftfahrtunternehmer wäre anderenfalls ungesichert erheblichen Gefahren von Zahlungsausfällen ausgesetzt.

Auch die sonst häufig zugesprochenen Anzahlungs- und Restzahlungsvorgaben, wie sie z.B. im Reisevertragsrecht gelten (20 % Anzahlung und Restzahlung max. 30 Tage vor Reisebeginn), sind nach Ansicht des BGH hier nicht Interessengerecht.

Die Kunden wären nach der Presseerklärung des BGH vor Insolvenzrisiken der Fluggesellschaften und entsprechenden Zahlungsausfällen durch die EU-rechtlichen und nationalen Zulassungs- und Aufsichtsregelungen geschützt bzw. die Risiken wären demnach „deutlich verringert“.

Schließlich begründet der BGH seine Auffassung mit der international üblichen Praxis und den entsprechenden IATA-Vorgaben.

Jochen Szech, Präsident des asr und Vertreter des asr bei der IATA, äußert sein Unverständnis „Kein Ticket der Welt ist gegen die Insolvenz der Airline abgesichert“. Er stellt sich die Frage, wie die Richter zu der Einschätzung kommen, die Risiken wären durch Regeln verringert.

Bislang liegt lediglich die Presseerklärung des BGH vor, die hier mit eigenen Worten zusammengefasst und kommentiert wird. Da es sich um Verfahren handelt, die von Verbraucherschutzverbänden eingeleitet wurden, sind die Interessenlagen und die entsprechenden Erwägungen nicht eins zu eins auf Vertragsverhältnisse zwischen Reiseunternehmen und Fluggesellschaften zu übertragen. Deren Schutzbedürftigkeit auf der B2B Ebene ist regelmäßig noch geringer, als die der Verbraucher.

Der BGH hat den Fluggesellschaften hier einen Freifahrtsschein ausgestellt, der einige Hoffnungen in der Branche zerstört. Die kleinen und mittelständischen Unternehmen sind den Fluggesellschaften weiterhin schutzlos ausgeliefert, da sie im Verhältnis zum Kunden selbstverständlich Verbraucherrechte, wie sie auch der BGH in seinem Urteil anführt, zu beachten haben, auf der anderen Seite gegenüber den Fluggesellschaften aber nach deren Bedingungen in Vorleistung treten müssen.

„Der BGH“, so der asr Rechtsanwalt Ralf Wiesehöfer, „dürfte hier eine Chance verpasst haben, Verbraucherrechte und Wettbewerbsbedingungen zu schützen“.

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