Im amerikanischen Bundesstaat Tennessee entsteht ein Titanic-Museum in Form eines riesigen Nachbaus des 1912 gesunkenen Luxusliners. Besucher des Ferienorts Pigeon Forge erleben, wie in den Bergen der Südstaaten ein Schiff Gestalt annimmt. Im April 2010 soll die Dauerausstellung eröffnen.
Dieses Schiff wird niemals untergehen. Der Nachbau der vorderen Hälfte des Ozeanriesen in halber Originalgröße, 33 Meter hoch, wird auch niemals vom Stapel laufen: Felsenfest ruht das Schiff auf dem mächtigen Gesteinssockel der Smoky Mountains. So skurril unwirklich die beiden Schornsteine auch vor der Bergkulisse emporragen: Der Museumsbau wird echte Fundstücke beherbergen.
Zu sehen sein werden Gegenstände, die nach dem Untergang in Rettungsbooten oder auf dem Wasser treibend gefunden wurden, zum Beispiel ein Decksessel. Oder die Kork-Schwimmweste der Society-Dame Madeleine Astor. Ihr Gatte, der reichste Mann an Bord, ging mit in die Tiefe, nicht aber ohne ihr das Versprechen abzuringen, die Weste erst an Land abzulegen. Sie hielt Wort. Der Respekt vor den Opfern gebietet, eine Grenze des Anstands zu achten: Fundstücke vom Meeresgrund werden nicht gezeigt.
Die Baukosten sind mit 25 Millionen Dollar veranschlagt. Im April 2010 soll die Ausstellung eröffnet werden. Gehen die Arbeiten weiterhin so schnell voran wie bisher, könnte es noch früher soweit sein.
Ein riesiges Museum entsteht mitten in der Wirtschaftskrise – nicht etwa als deren Sinnbild, sondern weil sich jemand mit Haut und Haar dem Thema verschrieben hat. Der Eigentümer und Chefmanager John Joslyn besuchte das Wrack auf dem Meeresboden im Jahr 1987 mit der zweiten Titanic-Expedition. Das Erlebnis lie ihn nicht mehr los. Ein erstes Titanic-Museum baute er im Bundesstaat Missouri. Die Titanic in Tennessee aber wird noch größer sein, mit noch mehr Ausstellungsfläche. Selbst diese Titanic kommt nicht ganz ohne Wasser aus. Der Bug liegt in einem Pool, aus dem Fontainen wie Bugwellen ans Schiff schlagen werden.
Während des Baus sehen Besucher nur von außen die neue Titanic entstehen; aus Sicherheitsgründen werden Führungen durch die Baustelle nicht angeboten. In einem großen Truck aber ist eine vorläufige Ausstellung untergebracht, die das Projekt erklärt und über die echte Titanic informiert. Wer mag, fasst in Wasser genau so eiskalt wie damals beim Untergang.
Ab Februar 2010 will die Titanic Pigeon Forge 75 Matrosen mit täglichem Landgang einstellen. Der interessanteste Posten ist bereits ausgeschrieben: Gesucht wird jemand, der dem legendären Captain Edward J. Smith von der Titanic – auch er ging mit unter – möglichst ähnlich sieht und viel besser das Schiff sowie dessen Geschichte zu erzählen weiß. Dies natürlich in englischer Sprache und ohne aus der Rolle zu fallen. Auf ein Mobiltelefon oder Computer angesprochen, muss dieser Kapitän verwundert nachfragen, was das denn wohl sei. John Joslyn verlangt vom neuen Captain aber noch mehr: Er soll die formale Eleganz und den Stil leben, welche die Titanic auszeichneten.
Die neue Titanic ist nicht die erste skurrile Attraktion in Pigeon Forge. Vor den Toren des meistbesuchten Nationalparks der USA, Great Smoky Mountains, findet man auch Wonderworks – ein Wissenschaftsmuseum, dessen Gebäude auf dem Kopf steht. Im Hotel The Inn at Christmas Place ist gar rund ums Jahr Weihnachten. Den überhaupt nicht skurrilen Kern des größten Touristenortes in Tennessee bildet weiterhin Dollywood, der Themenpark der Country-Sängerin Dolly Parton. Dort findet man, neben Achterbahnen, ein großes Freilichtmuseum rund um die Pionierkultur im höchsten Teil der Appalachen und hört viel Musik von Bluegrass bis Gospel.