schreibt Roland Pimpl in der heutigen Ausgabe von Horizont:
Fabian von Heimburg hat Hotnest 2014 mit einem chinesischen Kommilitonen gegründet
Im Osten der Zeit voraus? Das Onlinenutzerverhalten der Europäer nähert sich dem der Chinesen an, sagt Fabian von Heimburg, der dort seit sechs Jahren den Werbetracking-Dienstleister Hotnest betreibt. Nun expandiert er nach Europa. Um sich digital nicht ganz abhängig zu machen von den USA und vom aufstrebenden China, müsse der „alte“ Kontinent mehr „Trial and Error“-Mentalität entwickeln, sagt der 31-Jährige im HORIZONT-Interview. Und scheut sich nicht vor bemerkenswerten politischen Botschaften.

Deutscher PR-Rat rügt Storymachine
Der Sohn des IDG-Internationalchefs York von Heimburg fordert eine digitale Industriepolitik auf europäischer Ebene – China könne hier und bei seiner „Offenheit gegenüber Wandel“ als Vorbild dienen. Mit Blick auf die westliche Kritik an Demokratie-Defiziten und am Umgang mit Verbraucher- und Bürgerdaten („Social Scoring“) plädiert von Heimburg für Wandel durch Handel anstatt durch Embargos: „China wird sich durch seinen eigenen soziodemographischen Wandel und durch den externen Austausch weiter öffnen.“ Das aber brauche Zeit – und die sollte man dem Land auch geben, sagt er. Auch Europa hätte dafür „Hunderte von Jahren“ gebraucht.

Auch beim bargeldlosen Einkauf ist China viel weiter als Europa


Und Social Scoring sei „nicht primär jenes Überwachungsinstrument des Staates, als das es oft dargestellt wird“. Dieses System löse in China viele Probleme und sei dort akzeptiert. Europa und die USA wiederum müssten ihren „unausweichlichen“ Macht- und Einflussverlust akzeptieren: „Gemessen an ihrer Bevölkerungszahl und ihrem Wirtschaftspotential haben Länder wie China und Indien einen – wie ich finde – berechtigten Anspruch auf einen mindestens ebenso großen Einfluss auf die Welt wie die USA und Westeuropa.“

„Chinesische Internetnutzer achten mehr auf Privacy als europäische User“
Herr von Heimburg, wo waren Sie Anfang des Jahres während des Höhepunktes der Corona-Epidemie in China – und wie haben Sie diese Wochen erlebt?
Ich war zu dieser Zeit in Europa und habe unglaublich viele Anfragen von Unternehmen und Regierungsvertretern nach Schutzausrüstung bekommen, zu exorbitanten Preisen. Da ist mir dann klar geworden, dass sich in Europa und in den USA Ähnliches abspielen wird wie zuvor in China.

Wobei Schutzausrüstungshandel ja gar nicht Ihr Hauptgeschäft ist. Wie verändert Corona Ihr eigentliches Werbedaten-Business rund um Hotnest?

Hier arbeiten wir für viele Konsumgüterhersteller weltweit verbreiteter wie auch speziell chinesischer Markenartikel. Aus Gesprächen mit unseren Kunden wissen wir, dass ihre Umsätze kurzfristig um bis zu 20 Prozent eingebrochen sind. Aber in China erholt sich der Konsum schnell – ich denke, das wird dann auch weltweit so geschehen. Und nach wie vor sehen wir sehr viele Marken, die nach China expandieren möchten. Ebenso wie umgekehrt chinesische Marken, die ins Ausland wollen. Der chinesische Markt ist jedoch sehr unübersichtlich, und Corona sorgt für noch größere Unsicherheiten. Hier können wir mit technologischen Mitteln, mit unseren Daten und Algorithmen, mehr Transparenz und Planbarkeit in den Markt zu bringen.

Hinterlassen Sie einen Kommentar.